Jean Tinguely
Ballet des pauvres
1961
Material/Technik: Aluminiumplatte, Eisenräder, -transmissionen und -gestänge, Stoff, Kunststoff, Metalle, Pelze, Leder und anderes, Elektromotor
Masse (HxBxT): 400 x 350 x 220 cm
Inventarnummer: 11167
Werkverzeichnis: Bischofberger 0237
Creditline: Museum Tinguely, Basel
Im März 1961 wird in Amsterdam die wichtige Wanderausstellung «Bewogen Beweging» eröffnet, die dem Publikum erstmals einen umfassenden Überblick über die kinetischen Kunst von den Futuristen bis zu Alexander Calder bietet. Unter den 72 Künstlern ist Jean Tinguely mit der beachtlichen Zahl von insgesamt 28 Werken vertreten. Für die zweite Station der Ausstellung im Moderna Museet in Stockholm baut Tinguely zwei neue Maschinenskulpturen. Eine davon ist «Miramar», die der Künstler aufgrund der Reaktionen des Museumspublikums umbenennt zu «Ballet des pauvres» (Armenballett). Armselig anzusehende, zerfetzte, defekte und weggeworfene Gegenstände aus unserem Alltag hängen an Draht und Gummibändern unbeweglich von der Decke herab. Darunter befindet sich ein Nachthemd, eine Beinprothese mit rotem Strumpf, ein Kessel ohne Boden, ein schäbiger Fuchspelz und auch ein silberfarbenes Serviertablett. All dieser Trödel ist über der Zwischendecke an Nockenwellen und an neun Hebelarmen mit Motor befestigt, der durch eine Zeitschaltuhr in Gang gebracht wird. Ganz plötzlich und ohne Vorwarnung beginnt sich die traurige Ansammlung unseres Konsummülls vor dem nichtsahnenden Besucher in explosionsartigen und spastisch-heftigen Bewegungen zu schütteln und wird durcheinander gewirbelt. Die Formen und die unterschiedliche Materialbeschaffenheit der Einzelteile löst sich in der Geschwindigkeit zu einem unbestimmbaren Ganzen auf. Begleitet wird das Spektakel von laut schepperndem Krach, der durch das Aneinanderschlagen der metallenen Gegenstände entsteht. Bewusst setzt Tinguely hier die Verunsicherung des Betrachters und den Überraschungseffekt als künstlerisches Ausdrucksmittel ein. Wie kaum ein anderes Werk jener Zeit zeugt das «Ballet des pauvres» von der ständigen Erweiterung des künstlerischen Vokabulars von Jean Tinguely zu Beginn der Sechzigerjahre. Die Bewegungen und Materialien, mit denen er arbeitet, werden immer expressiver, wilder und chaotischer und setzen sich so deutlich von seinen mehrheitlich geometrischen und konstruktiven Reliefs der Fünfzigerjahre ab. Die Idee von ungebändigten «freiheitlichen» Maschinenskulpturen verfolgt Tinguely 1961 in seinen Balubas weiter.
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Sammlung Museum Tinguely
In der Sammlung des Museum Tinguely sind Arbeiten aller Phasen und Werkgruppen von Jean Tinguely vertreten. Zusammen mit temporären Leihgaben ermöglichen sie den Museumsbesuchenden einen umfangreichen Überblick über das Schaffen des Künstlers. Neben den Skulpturen befindet sich eine Vielzahl von Zeichnungen und Briefzeichnungen, Dokumenten, Ausstellungsplakaten, Katalogen und Dokumentationen sowie Fotografien in der Sammlung des Museums. Alle Bestände sind – soweit möglich – öffentlich zugänglich und werden regelmässig sowohl in der permanenten Ausstellung im Museum Tinguely wie auch als Leihgaben in Ausstellungen auf der ganzen Welt gezeigt.
Die Museumssammlung entstammt einer grosszügigen Gründungsschenkung der Witwe des Künstlers Niki de Saint Phalle, aus der Sammlung von Roche, grösseren und kleineren Schenkungen sowie verschiedenen Ankäufen.
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