Leonardo Bezzola
Bezzolas Tinguely: Fotografien 1960 – 1991
18. März – 3. August 2003
Leonardo Bezzola (geboren 1929) lernte den nur wenig älteren Jean Tinguely im Jahre 1959 kennen. Seine foto- grafische Auseinandersetzung mit dem Werk des Eisenplastikers begann im darauffolgenden Jahr, anlässlich der Ausstellung „Kricke-Luginbühl-Tinguely“ in der Kunsthalle Bern. Seither begleitete Bezzola mit seiner Kamera das Werk Tinguelys - bis zum Tode des Freundes im Jahre 1991. Bezzola wurde während dieser Jahre der treue Chronist, Begleiter und Dokumentarist des Künstlers: mit seiner Kamera war er bei nahezu allen wichtigen Vernissagen, Ausstellungseinrichtungen, Happenings und Kollaborationen anwesend. Gleich- zeitig interessierte Bezzola sich aber immer auch für die Person Tinguelys, seinen Freundeskreis, sowie die jeweiligen Atelier-, Wohn- und Lebenssituationen.
Es entstand so über die Jahre ein reicher Fundus an Fotografien, die den Entstehungsprozess vieler Werke Tinguelys, die heute im Museum zu sehen sind, nachvollziehbar machen. Bezzolas Fotografien nehmen eine wichtige Vermittlerfunktion zwischen Werk und Person des Künstlers ein und tragen massgeblich zur Interpretation des Werks bei. Zuallererst aber vermitteln sie einen Eindruck von der enormen Vitalität Tinguelys, die sich auf alle Lebens- und Arbeitsbereiche erstreckte.
Bezzolas Fotografien bieten eine umfassende Dokumentation von Tinguelys Werk: Von den Schrott- skulpturen, den Baloubas und den schwarzen Skulpturen der sechziger Jahre bis zu den Méta- Harmonien, den Grossskulpturen und pandämonischen Kreationen der siebziger und achtziger Jahre, von den ephemeren Skulpturen wie La Vittoria (1970) bis zu den Grossprojekten wie dem Cyclop oder Niki de Saint Phalles Tarotgarten ist das vielfältige Wirken des Künstlers in einer Vielzahl kongenialer Fotografien festgehalten.
Aus den über 30‘000 Bildern, die im Laufe von drei Jahrzehnten entstanden sind, hat Leonardo Bezzola eine Auswahl von einigen Serien getroffen, die nun im Museum Jean Tinguely erstmals in dieser Fülle und in direkter Konfrontation mit Tinguelys Werken präsentiert wird. Es sind dies nach Themen geordnete Aufnahmen, die einzelne Werke (die Grosse Méta-Maxi-Maxi-Utopia oder den Luminator) fokussieren, des weiteren ist eine Porträtserie Jean Tinguely zu sehen. Die Fasnacht spielt eine Rolle ebenso wie der Mengele Totentanz und die Lampenskulpturen Tinguelys.
Ein zweiter Ausstellungsteil zeigt in chronologischer Abfolge neben diesen Fotografien rund um das Werk Jean Tinguelys eine Auswahl des weiteren Schaffens des Fotografen Bezzola mit Architekturaufnahmen, Fotografien verschiedener Künstler, Aufnahmen von Automobilen und dem Mittelmeer.
In dem Bildband mit demTitel „Schwarz matt und Ginggernillis“ hat Leonardo Bezzola seine Fotografien von Jean Tinguely zusammengestellt. Vom Fotografen selbst mit Anekdoten und Notizen kommentiert, geben sie humorvolle, überraschende und sehr persönliche Einblicke in die Arbeit Jean Tinguelys, in seine Ateliers und den Kreis seiner Freunde.
Texte von vier Autoren gehen auf den Fotografen Bezzola, den Plastiker Tinguely und ihre Beziehung zueinander ein. Guido Magnaguagno schreibt über den „Lichtzeichner“ Bezzola und seine Meisterschaft im Spiel mit Licht und Schatten, Tobia Bezzola beschreibt die Werke Tinguelys und Bezzolas und ihre Berührungs- punkte. Stefanie Poley beschreibt den „Cyclop“, Tinguelys Monumental-Kopf im Wald von Milly-la-Forêt, und findet neue Interpretationen zu Werk und Person des Künstlers. Andres Pardey schliesslich geht dem Phänomen der Interpretation von Kunst durch die Fotografie nach.